Immer mehr B2B-Anbieter setzten neben klassischen Inbound-Marketing-Maßnahmen auch auf Account Based Marketing. Als ur-eigener B2B-Marketing-Ansatz ist Account Based Marketing charakterisiert durch eine konsequente Kundenorientierung. Dabei löst das Ideal Customer Profile sukzessive die etablierte Buyer Persona in ihrem Stellenwert ab. Doch was ist das eigentlich, welche Arten gibt es und für welche B2B-Anbieter lohnt es sich? Welche Herausforderungen bringt Account Based Marketing mit sich? Und vor allem: was ist neu an Account Based Marketing?
- Account Based Marketing (ABM) ist eine effiziente Strategie nicht nur für B2B-Anbieter mit sehr großen Ziel-Accounts
- ABM wird in unterschiedlichen Formen praktiziert
- Es verbindet Aspekte von Inbound-Marketing, Lead Management und Key Account Management
- Die veränderte Zusammenarbeit von Marketing und Vertrieb erfordert strukturelle Veränderungen, auch im B2B
Die Unterschiede zwischen Account Based Marketing (ABM) und Inbound Marketing werden gerne mithilfe einer Metapher beschrieben: während beim Inbound Marketing ein Netz ausgeworfen wird, in dem hoffentlich auch einige der begehrten Fische hängen bleiben, ist ABM ein Speer, der gezielt auf die fettesten Fische gerichtet wird.
Account Based Marketing ist ein strategischer Ansatz im B2B-Marketing, bei dem Accounts, also einzelne Unternehmen oder kleine Gruppen gleichartiger Zielunternehmen, als eigenständiger Markt betrachtet werden. Die Accounts werden dabei mit individualisierten, genau auf ihre Bedürfnisse abgestimmten Kampagnen angesprochen.
Drei Arten von Acount Based Marketing
Der US-Verband für IT-Dienstleistungsmarketing (Information Technology Services Marketing Association – ITSMA) unterscheidet mittlerweile drei Arten von Account Based Marketing: One-to-One ABM, One-to-Few ABM und One-to-Many ABM. Diese schließen sich jedoch nicht gegenseitig aus, sondern können je nach Strategie parallel eingesetzt werden.
One-to-One ABM:
Im One-to-One ABM besteht ein Markt aus einem Ziel-Unternehmen. Laut ITSMA-Benchmark Report werden hier im Schnitt von einem Unternehmen 15 Accounts bearbeitet. Die Kommunikation mit den Zielkunden kann noch manuell erfolgen. Der Anteil an Offline-Maßnahmen ist hier mit 43% noch am höchsten.
One-to-Few ABM:
Beim One-to-Few ABM werden kleine Segmente gleichartiger Zielkunden adressiert. Laut ITSMA-Benchmark werden hier im Schnitt 36 Accounts adressiert. Dadurch, dass Kundengruppen gleichartig angesprochen werden sollen, ist Marketing-Automation mithilfe unterschiedlicher Software-Tools hier stärker vertreten. Der Anteil an Online- zu Offline-Maßnahmen liegt mit 68% schon deutlich höher.
One-to-Many ABM:
Beim One-to-Many ABM werden größere Account-Listen bearbeitet mit durchschnittlich um die 900 Accounts. Der Einsatz von Martech im Hinblick auf sowohl automatisierte als auch personalisierte Kundenansprache ist hier unumgänglich. Der Anteil der Nutzung von Online-Kanälen liegt mit 81 % am höchsten. Der Übergang zu klassischem Inbound-Marketing ist hier je nach Personalisierungsgrad fließend.
ABM kann also je nach Markterfordernissen mit unterschiedlichen Individualisierungsgraden in einer Vielzahl von B2B-Unternehmen eingesetzt werden.
Der Prozess: Alles geht vom Ideal Customer Profile aus
Nach der Festlegung des ABM-Ansatzes beginnt der eigentliche ABM-Prozess mit der Definition der vielversprechendsten Accounts und Entscheider. In der Regel werden dazu gemeinsam mit dem Vertrieb und häufig mithilfe von Software-Tools Idealkundenprofile (Ideal Customer Profile) und Account-Listen erstellt. Alle Anstrengungen konzentrieren sich fortan auf die Bearbeitung dieser Accounts und Entscheider.
Dies geht insbesondere mit einer intensiven Zielkundenanalyse einher. Nur so kann ein tiefes Verständnis für die Accounts entstehen. Auf der Basis dieses Verständnisses werden dann Kanäle und Contents für die Ziel-Accounts definiert und für sie optimiert. Je nach ABM-Ansatz dominieren hier unterschiedliche Schwerpunkte bei der Wahl der Kanäle.
Anschließend wird die Kampagne implementiert und der Erfolg gemessen. Die Ermittlung des ROI ist im ABM einfacher durchzuführen und sorgt nicht zuletzt dadurch beim Management für eine hohe Akzeptanz. Auffällig ist, dass gutes ABM zu deutlich höheren ROIs führt und sich damit als effizienter Ansatz für B2B-Anbieter etabliert.
Warum B2B-Marketer ABM lieben
Mithilfe von ABM kann insbesondere der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Kaufentscheidungen in B2B-Unternehmen in Buying Centern getroffen werden. Die Zielpersona als zentraler Faktor in der Entwicklung einer Marketing-Strategie verliert konsequenterweise gegenüber dem Ideal Customer Profile an Bedeutung.
Ziel-Accounts und Ansprechpartner werden proaktiv identifiziert und kontaktiert. Durch die konsequent am Kunden ausgerichtete Ansprache hebt sich der B2B-Anbieter aus der Menge von Anbietern ab. Streuverluste wie im Inbound Marketing werden vermieden. Damit gehören ABM-Kampagnen zu den effizientesten Marketing-Ansätzen [Studie s.u.].
Die Herausforderung von Account Based Marketing
Das Aufsetzen individueller Kampagnen für potenzielle Kunden ist für B2B-Unternehmen mit hohem Aufwand und entsprechenden Risiken verbunden. Somit etabliert sich dieses Vorgehen derzeit noch insbesondere für B2B-Unternehmen, deren Ziel-Accounts aus wenigen großen Kunden mit hohem möglichen Deckungsbeitrag bestehen. Viele B2B-Anbieter zögern noch bei der Einführung, obwohl die Risiken bei One-to-Few- oder One-to-Many ABM deutlich geringer sind.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor für erfolgreiches ABM ist die Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb. Dabei muss insbesondere der Zeitpunkt definiert werden, an dem der Vertrieb übernimmt. Wichtige zu klärende Punkte sind außerdem, wie viele Entscheider je Account kontaktiert werden, wie sie kontaktiert werden und wann. Die veränderte Zusammenarbeit stellt eine Herausforderung dar, für die neben geeigneten Tools und Strukturen auch Akzeptanz vorhanden sein muss.
Ist das jetzt nicht einfach gut gezieltes Inbound Marketing oder Key Account Management?
Inbound-Marketing ist auf die Generierung von Leads ausgerichtet und verfolgt damit zunächst ein quantitatives Ziel. Die Leads werden dann im Zuge des Lead Management Prozesses qualifiziert und ein Teil der Leads zu Kunden konvertiert. Dieser Prozess wird häufig mithilfe des Funnels (Trichter) dargestellt.
Im Gegensatz dazu ist ABM nicht quantitativ ausgerichtet, sondern geht von einer möglichst genauen, qualitativen Eingrenzung der Ziel-Unternehmen aus. Durch tiefergehende Bearbeitung der Unternehmen und Definition von Entscheidungsträgern vergrößert sich im weiteren Verlauf der adressierte Personenkreis (umgekehrter Funnel).
Zudem liegt der Fokus von ABM nicht ausschließlich auf der Neukundengewinnung, sondern ebenso im Ausbau bestehender Kunden (“land and expand”). Dieser Aspekt der Bestandskundenentwicklung überschneidet sich stark mit dem traditionell im Vertrieb angesiedelten Key Account Management.
Account Based Marketing (ABM) geht jedoch durch die strategische Ausrichtung des gesamten Bearbeitungsprozesses, insbesondere auch zur Gewinnung potenzieller Zielkunden, darüber hinaus. Nicht nur bestehende Kontakte, sondern alle Beteiligten und Beeinflusser des Kaufentscheidungsprozesses im Zielunternehmen werden mit geeigneten Maßnahmen adressiert.
Fazit
Account Based Marketing ist also ein zielgerichteter und integrativer Ansatz. Es verbindet Aspekte des Inbound Marketings und Lead Managements mit Stärken des Key Account Managements und löst dabei sukzessive die Trennung zwischen Marketing und Vertrieb auf. Aufgrund der Marktbesonderheiten vieler B2B-Firmen, eignet sich Account Based Marketing insbesondere für B2B-Marken.
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Verwendete Quellen:
ITSMA, Third Annual ABM Benchmark Study: Moving To ABM Maturity
pexels.com | Mikael Blomkvist