Klassisch orientiert sich B2B-Content-Marketing meistens an einer eher starren Customer Journey. Der Ansatz: An jedem für ihn relevanten Touchpoint soll der Nutzer genau die Informationen erhalten, die er braucht. Wer sich so aufstellt handelt nicht falsch. Das Problem: Kunden und Interessenten agieren in der Praxis nicht immer so, wie es die Theorie vorgibt. Die Kundenreise ist dynamisch: Stufen werden mehrfach durchlaufen oder übersprungen. In unserem Gastartikel stellen Sandy Wilzek und Jennifer Köhler von der Möller Horcher Kommunikation GmbH, eine praxiserprobte Strategie vor, um Kunden trotzdem abzuholen: Das Basis-Content-Modell.
Zwar haben viele B2B-Unternehmen inzwischen verinnerlicht, dass der Kunde im Mittelpunkt der Kommunikation stehen sollte – Stichwort: Customer Centricity –, nicht aber, dass sie die Customer Journey nur bedingt beeinflussen können. Die Kundenreise beinhaltet alle Kontakte eines potenziellen Kunden mit einem Unternehmen, bevor er sich für den Kauf eines Produkts entscheidet. Besonders im B2B-Bereich gestaltet sich die Customer Journey sehr komplex, da viele Entscheidungsträger (Buying Center) beteiligt sind und der Prozess dadurch länger dauert. Hinzu kommt, dass sich im Zuge der Digitalisierung das Entscheidungs- und Kaufverhalten potenzieller Kunden maßgeblich verändert hat. Sie sind wie selbstverständlich im Internet unterwegs und informieren sich dort umfassend über das bestehende Angebot. In der Regel befasst sich ein B2B-Kunde mit mehreren Contents, bevor er eine Kaufentscheidung trifft. Für Unternehmen ist das die zu ergreifende Chance, um auf sich aufmerksam zu machen.
Dynamisch und praktikabel: Das Basis-Content-Modell
Marketingexperten sehen sich tagtäglich mit der Problematik konfrontiert: Wie schaffen sie es, Interessenten an möglichst vielen Kontaktpunkten mit Informationen zu erreichen, die für diese relevant sind? Wie können sie potenzielle Kunden bei ihrer Kaufentscheidung unterstützen? Und gelingt ihnen die langfristige Kundenbindung? An genau diesem Punkt setzt das Basis-Content-Modell an: Es ermöglicht, auf dynamische Kaufentscheidungen einzugehen, indem es auf ein aktuelles und relevantes Thema fokussiert, für welches das Unternehmen über geeignete Kompetenzen verfügt. Dazu stellt das Basis-Content-Modell ein Schema bereit, mit dem sich B2B-Content-Marketing-Kampagnen praktikabel umsetzen lassen.
Themenrecherche richtig angehen
Eine zielführende B2B-Content-Marketing-Kampagne beginnt immer mit einer ausführlichen Themenrecherche. Diese können Unternehmen initialisieren, indem sie zunächst eine Marktanalyse durchführen und relevante Fakten zusammenzutragen. In diesem Kontext ist es hilfreich, interdisziplinär, das heißt abteilungsübergreifend, zu arbeiten. Hierbei bietet es sich an, einen Workshop durchzuführen, an dem Vertreter aus den Unternehmensbereichen Kundenservice, Vertrieb, Marketing und Management teilnehmen und sich darüber austauschen, welche Themen bei den Kunden gerade im Fokus stehen. Der Kundenservice weiß zum Beispiel, welches Produkt womöglich Probleme verursacht. Der Vertrieb kann berichten, welche Lösungen häufig angefragt werden. Das Marketing ist darüber im Bilde, welche Unterseiten auf der Website die Besucher am meisten klicken. Und das Management informiert darüber, welche neuen Trends sich auftun. Zudem ist es für Unternehmen von Vorteil, die folgenden Informationsquellen zu nutzen:
• Vertriebs-, Support- und Kundenbefragungen
• aktuelle Studien
• Keyword-Analysen mit Tools wie Google Trends
Diese Vorgehensweise garantiert, dass Unternehmen eine umfassende Themenliste erstellen können.
Basis-Thema definieren
Die nächste Hürde, die es zu überwinden gilt, besteht darin, das richtige Thema für die B2B-Content-Marketing-Kampagne zu identifizieren. Bei der Themenauswahl ist es wichtig, sich nicht selbst aus den Augen zu verlieren. Entscheidend ist daher, dass das B2B-Unternehmen in Bezug auf das gewählte Thema eine hohe Kompetenz besitzt. Nur dann ist es in der Lage, informative und nutzwertige Contents mit Mehrwert für die Zielgruppe zu erstellen. Im Mittelpunkt stehen hierbei die Leitfragen:
• Welche Lösungsansätze bietet das Unternehmen oder das Produkt, bezogen auf das jeweilige Thema?
• Wo liegen die Unternehmensstärken im jeweiligen Bereich im Vergleich zu den Mitbewerbern?
• Vor welchen akuten Herausforderungen stehen potenzielle Kunden?
Demnach sollte das Thema eine hohe Priorität und Relevanz für die anvisierte Zielgruppe besitzen. Das Thema, das diese drei Aspekte am besten erfüllt, stellt das Basis-Thema dar. Derart analytische Vorbetrachtungen stellen sicher, dass Unternehmen mit ihrem identifizierten Basis-Thema nicht nur am Puls der Zeit sind, sondern vor allem ihrer Zielgruppe einen echten Nutzen bieten und gleichzeitig ihre Kompetenz herausstellen. Darüber hinaus kann es – je nach Thema – sinnvoll sein, Partnerunternehmen ins Boot zu holen, die den thematischen Ansatz unterstützen und sich inhaltlich einbinden lassen.
Kampagnen-Konzept erstellen
In einem sorgfältigen Konzept gilt es, die Herleitung des Basis-Themas festzuhalten. Zudem sollten wichtige Informationen erfasst sein, wie etwa:
• Wer liefert den Input?
• Wer erstellt die Inhalte?
• Wer ist für die inhaltlichen Freigaben zuständig?
• Welche Deadlines gibt es?
Neben diesen Eckdaten beinhaltet das Konzept erste Aspekte zum Basis-Content. Der Basis-Content kann einerseits im Zuge der Leadgenerierung auf der Website des Unternehmens gegen Angabe von Kontaktdaten zum Download verfügbar sein. Andererseits dient er als Grundlage für weitere Contents, mit denen das B2B-Unternehmen den Basis-Content-Download promoten, aber auch das Basis-Thema in der Öffentlichkeit besetzen kann. Im Konzept sollte daher eine Promotion-Strategie definiert sein. Sie gibt Aufschluss darüber, wie und über welche Kanäle die einzelnen Contents zur Zielgruppe kommen.
Basis-Content als Herzstück der Kampagne
Steht das Konzept, gilt es, das Basis-Thema nutzwertig aufzubereiten und in ein geeignetes Format zu bringen. Der Basis-Content stellt das Herzstück der Content-Marketing-Kampagne dar. Seine Qualität bestimmt die aller weiteren Kampagnen-Bausteine. Bei der Erstellung des Basis-Contents sollten Unternehmen daher das identifizierte Thema umfassend aufbereiten und Antworten auf möglichst alle Fragen entlang der Customer Journey geben. Geeignete Formate hierfür sind:
• E-Books
• Whitepaper
• Guides
• Handbücher
• Themendossiers
Promotion-Contents für jeden Touchpoint bieten
Auch der beste Basis-Content ist nichts wert, wenn ihn niemand konsumiert. Passende Promotion-Maßnahmen sind daher ein Muss für jede Content-Marketing-Kampagne. Dafür eignen sich kleinere, inhaltlich konsistente Content-Bausteine, die sich vom Basis-Content ableiten lassen. Diese Promotion-Contents sollen nicht nur auf das Thema aufmerksam machen, sondern Interessenten durch integrierte Backlinks dazu animieren, den Basis-Content herunterzuladen. Da sie sich kanalübergreifend streuen lassen, tragen sie maßgeblich zur Lead-Generierung bei. Für die Promotion-Contents bietet sich eine breite Palette an Formaten an:
• Checklisten oder Tipps
• Interviews
• Statements
• Blogbeiträge
• Fachberichte
• Anwenderberichte
• Social-Media-Posts
Ausschlaggebend für das jeweilige Format ist die Frage, welche Touchpoints für die Zielgruppe relevant sind, welche Art von Content sich für die jeweilige Ansprache eignet und ob es möglich ist, einen Storytelling-Ansatz umzusetzen. Denn auch B2B-Kunden sind letztlich Menschen, die Geschichten mögen und sich durch solche besser an die enthaltene Botschaft erinnern. Außerdem sollten sich Unternehmen fragen, über welche eigenen Kanäle sie verfügen, wie etwa einen Corporate Blog oder Newsletter, und welche fremden Kanäle, wie etwa Online- oder Print-PR, sie nutzen wollen.
Dementsprechend empfiehlt es sich, verschiedene Content-Formate zu gebrauchen und zwischen auffälligen Posts in den sozialen Medien, tiefgreifenden Fachberichten und hilfreichen Checklisten zu variieren. Mithilfe von wechselnden, aktuellen Aufhängern lassen sich aus einem einzelnen Basis-Content zudem immer wieder neue, nutzwertige Inhalte ableiten. Promotion-Contents garantieren, dass Unternehmen an sämtlichen relevanten Touchpoints vertreten sind und potenzielle Interessenten somit jederzeit abholen können – egal auf welcher Stufe der Customer Journey sie sich befinden oder welche Rolle sie innerhalb des B2B-Entscheidungsprozesses einnehmen.
Fazit:
Auch mit dem Basis-Content-Modell ist es möglich, wie im klassischen B2B-Content-Marketing, relevante Inhalte entlang der individuellen Customer Journey zur Verfügung zu stellen. Wer anfangs etwas mehr in seinen Basis-Content investiert, wird am Ende mit einer unerschöpflichen Quelle an Inhalten belohnt. Die Kombination aus Basis-Content und Promotion-Content erhöht Sichtbarkeit und Auffindbarkeit an den Touchpoints. So werden Leads generiert, Kunden entwickelt und langfristig ans Unternehmen gebunden. B2Bs sollten sich statt einer konstruierten Customer Journey besser auf Relevanz und Priorität eines Themas innerhalb der Zielgruppe und die eigene Kompetenz konzentrieren.
Hallo Sandy.
Danke für den Einblick.
Hand aufs Herz. Sind wir nicht selbst auch alle Kunden und handeln auch nicht immer so, wie es gewünscht ist. Marketing ist eben auch immer ein Wunschvorstellung und Idealisiert…
Es hat meiner Meinung auch nichts damit alleine zu tun, dass es B-2-B ist. Es ist abhängig davon, wie stark wir selbst und den Prozess involviert sind bzw. wie „dringend“ wir / der Kunde eine Lösung braucht.
Außerdem kommt es auch auf den kommerziellen Wert eines Produktes an. Bestelle ich einen Kugelschreiber, ist die customer Journey eine völlig anders, als wenn ich eine Maschine suche. Denn hieraus ergibt sich, ob und wie umfangreich ich überhaupt einen Mehrwert stiften muss.
Hallo Robert,
vielen Dank für Dein Feedback. Wir sehen das ähnlich: Es gibt zahlreiche Aspekte, die bei einer Customer Journey und deren marketingseitiger Begleitung eine Rolle spielen. Wir möchten Kommunikationsverantwortlichen einfach eine – für uns bewährte – Möglichkeit aufzeigen, um in der Praxis tätig zu werden.